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  • AutorenbildChristian Grimm

s'ist Krieg

Aktualisiert: 5. Dez. 2023

Matthias Claudius (1740 -1815)

1778 zu Beginn des bayerischen Erbfolgekrieges schrieb er folgendes Gedicht



's ist Krieg! s' ist Krieg! O Gottes Engel wehre,

Und rede du darein!

's ist leider Krieg – und ich begehre

Nicht schuld daran zu sein!


Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen

Und blutig, bleich und blaß,

Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen,

Und vor mir weinten, was?


Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,

Verstümmelt und halbtot

Im Staub vor mir sich wälzten und mir fluchten

In ihrer Todesnot?


Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,

So glücklich vor dem Krieg,

Nun alle elend, alle arme Leute,

Wehklagten über mich?


Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten

Freund, Freund und Feind ins Grab

Versammelten, und mir zur Ehre krähten

Von einer Leich herab?


Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?

Die könnten mich nicht freun!

's ist leider Krieg – und ich begehre

Nicht schuld daran zu sein!



Günter Eich (1907 - 1972)

1953 schrieb er "Denke daran, daß der Mensch des Menschen Feind ist......


Textauszug:

........und daß er sinnt auf Vernichtung.

Denke daran immer, denke daran jetzt,

während eines Augenblicks im April,

unter diesem verhangenen Himmel.......

während die Mägde Disteln stechen

unter dem Lerchenlied........

Denke daran, wenn eine Hand

dich zärtlich berührt......

Denke daran in der Umarmung deiner Frau,

denke daran beim Lachen deines Kindes!


Denke daran, dass nach den großen Zerstörungen

jedermann beweisen wird, daß er unschuldig war


.........Denke daran, dass du schuld bist

an allem Entsetzlichen,

das sich fern von dir abspielt-




Laotse (6. Jahrhundert vor Christus)


Auf seinen Reisen wird er Zeuge einer grausamen Schlacht.

"Der Versuch zweier Herrscher, das Schicksal durch Waffengewalt zu wenden, stürzte Laotse in unsägliche Traurigkeit.

Bis zum Einbruch der Nacht sollten viele Männer ihr Leben für eine Sache verlieren, die im stillen Kommen und Gehen des Universums nicht die geringeste Bedeutung hatte."


(aus Miriam Henke, Zürich, Berlin 2014, Laotse oder der Weg des Drachens, S. 32.)

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